In den verborgenen Tunneln der Inka in Cusco, Peru

Um die alte Stadt der Inka Cusco in Peru ranken sich zahlreiche Legenden und ein Besuch in dieser auf dreitausend Metern Höhe liegenden Inka-Stadt ist ein Muss für jeden Globetrotter. Das spektakulärste Gebäude ist dabei sicher Sacsayhuaman mit seinen mächtigen Tempelmauern, die wie von Gigantenhänden geschaffen scheinen.

Die Stadt Cusco und Sacsayhuaman sind von vielen Geheimnissen umgeben, so sollen unter ihnen angeblich kilometerlange Tunnel existieren. Wer auch immer versuche, diese zu erforschen, sterbe jedoch in schrecklichen Qualen. Sie werden Chikanas genannt und führen angeblich zum Koricancha.

Dominikanerkloster, welches über die Koricancha erbaut wurde. Die Reste des Tempels der Inka sind deutlich unter der Kirche zu erkennen (c) Stanley

Der Koricancha war einst ein bedeutender Tempel. Cusco wurde groß, als Tiwanaku am Titicaca-See verlassen wurde und seine größte Blütezeit begann daher unter den Inkas im Jahr 1438.  Sein größter und reichster Tempel war der im Inneren vergoldete Tempel Koricancha. Dieses mächtige Gebäude wurde jedoch bereits bei der Einnahme der Stadt im Jahr 1533 von den Spaniern geplündert und durch einen Brand zerstört. Eine Kirche, Santo Domingo, wurde darüber gebaut und dient seither dem Dominikanerorden als Kloster. Seit langem erhält sich jedoch hartnäckig die Legende von darunter existierenden unterirdischen Räumen, sicherlich auch angeheizt von der ewigen Gier nach Schätzen und Gold. Noch jeden Taxi-Fahrer in Cusco bewegt die Frage, wo die Spanier (oder wer auch immer) das Gold hinbrachten.

Die Fabel besagt, dass die Inka den Schatz der Koricancha vor fast fünf Jahrhunderten bei der Eroberung der Stadt retteten und versteckten. Die wertvollsten und heiligsten Stücke des Inka-Goldes seien daher in unterirdischen Hallen versteckt worden, die durch geheime Tunnel zugänglich seien. Viele Chronisten und sogar Alexander von Humboldt verwiesen in ihren Schriften auf dieses Tunnel-Netzwerk. Aber könnte es sein, dass die Geschichte von dem darin befindlichen Schatz – wie so oft – ein Mythos ist?

Generell existieren unterirdische Gänge bei Cusco. Einige Chinkanas (vom Quechua-Wort “chinkana” – Ort, an dem man sich verirrt) nahe Sacsayhuamans sind bekannt. Es handelt sich um geheimnisvolle Höhlen und Gänge im Kalksteinfelsen. Einige Teile von ihnen können besichtigt werden, zu den meisten der Höhlen ist der Zutritt jedoch wegen der Gefahr, sich darin zu verirren, nicht gestattet. Ob es die Inka waren, die sie bauten, oder ob sie älterer Abstammung sind, ist bisher wenig erforscht. Sie sind ohne Zweifel weitläufig, aber vieles liegt noch im Dunkel der Legende.

So gibt es eine immer wieder erzählte Geschichte, die berichtet, wie zwei Jugendliche die Tunnel erkundeten und nach einer mehrtägigen Irrwanderung ein Stück Gold fanden, aber nicht den Ausgang. In seiner Verzweiflung starb der eine, der zweite fand schließlich den Weg ins Freie durch die Kirche von Santo Domingo (dem früheren Koricancha), aber er starb ebenfalls kurz darauf. Wo der mysteriöse Eingang ist, aus dem er wieder ans Tageslicht trat, erzählt die Legende leider nicht. Der legendäre Schatz bleibt daher trotz aller Suche verborgen. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Schon im 17. Jahrhundert bot ein Schatzjäger den Dominikaner-Mönchen seine Dienste an und erwähnt in einem Brief den Eingang zur Chikana im Kloster, so als habe er diesen gesehen. Dabei fragt man sich natürlich, warum die Dominikaner das Gold nicht bereits suchten, als sie ihre Kirche über die Koricancha bauten und deren Wände notwendigerweise abänderten.

Trotz der Zweifel an den Legenden vom Schatz fanden zwischen den Jahren 2001-2003 Ausgrabungen statt. Bereits bei der ersten Öffnung einer Kypta in der Kirche Santo Domingo verschreckten jedoch toxische Gase und Krankheitserreger die Suchenden. In der Tat sind häufig Histoplasmose (eine Lungenkrankheit) erregende Pilzsporen in solchen alten unterirdischen Tunneln präsent. Die Ausgrabungen, die dann mit Atemgeräten geführt wurden, entdeckten nur bereits bei vorherigen Restaurierungsarbeiten geplünderte Begräbnisse aus der Kolonialzeit, aber keinen Schatz. Nach vielen unfruchtbaren Grabungen verlor der Dominikaner-Orden die Geduld mit den Schatzjägern und zog seine Grabungserlaubnis zurück. Ein kleines Museum zeigt nun Fundstücke und eine virtuelle Rekonstruktion der Koricancha.

Der Schatz bleibt zu entdecken … wenn er denn je existiert hat. In diesem Fall ist man eher versucht, dem lateinischen Wort ‚Errare humanum est‘ eine neue Übersetzung beizufügen. ‚Herumirren ist menschlich‘.

Wir warten mit Spannung auf die erste archäologische Kartographierung der Chinkanas… Schatz hin, Schatz her, es ist viel spannender, dahinterzukommen, warum diese Tunnel gebaut wurden und was die Geschichte ihrer Erbauer war, als dem Gold nachzuspüren. 

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von Anders Noren.

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