Kleopatra VII. war bekanntlich Pharaonin von Ägypten und letzte Herrscherin der ptolemäischen Dynastie. Noch heute ist die Öffentlichkeit beeindruckt von der Geschichte, wie sie ihren Charme und ihre Intelligenz einsetzte, um mächtige Männer zu verführen und ihren Thron zu sichern – insbesondere Julius Cäsar und nach ihm Mark Anton erlagen ihren bezirzenden Argumenten.
Das Ende ihres Lebens jedoch ist tragisch. Nach dem Tod Caesars stritten Mark Anton und Octavian (der spätere römische Kaiser Augustus) um die Macht.
Nach Antonius’ endgültiger Niederlage in der Schlacht von Actium im Jahr 31 v. Chr. flieht Kleopatra, die über viele Jahre seine Gefährtin war und ihm drei Kinder schenkte, nach Alexandria. Augustus verfolgt Antonius und sie und belagert die Stadt.



Die Ereignisse um den Tod Kleopatras
Was dann geschah, wird zunächst von Strabo und dann von Cassius Dio und Plutarch beschrieben. Strabo ist die früheste Quelle für Kleopatras Selbstmord, und er könnte sich zum Zeitpunkt ihres Todes sogar in Alexandria aufgehalten haben. Plutarch beschreibt die Ereignisse mehr als ein Jahrhundert später und Dio noch ein Jahrhundert später, obwohl seine Quelle wahrscheinlich ein Dokument war, das von Olympus, Kleopatras Leibarzt, geschrieben wurde, den er erwähnt.
Strabo, griechischer Geograph und Historiker, beschrieb Kleopatras Tod in seinem Werk Geographie in recht einfachen Worten:
“Als er (Augustus) die Stadt beim ersten Angriff eingenommen hatte, zwang er Antonius, sich selbst zu töten, und brachte Kleopatra lebend in seine Gewalt. Wenig später jedoch brachte auch sie sich heimlich im Gefängnis durch den Biss einer Aspis-Viper oder (denn es gibt zwei Berichte) durch das Auftragen einer giftigen Salbe um.”
Es liegt auf der Hand, dass die Öffentlichkeit mehr Informationen, Details und das Pikante an der ganzen Sache haben wollte.
Plutarch kam dem nach und beschrieb ihren Tod sehr viel ausführlicher im 85. Kapitel seiner Parallelen Lebensläufe. Was in seiner Schilderung Wahrheit und was Fiktion ist, darüber lässt sich streiten. Es scheint, dass jedoch zumindest sein Großvater zu Zeiten Kleopatras den Hof in Alexandria besuchte. Aber auch andere Quellen stimmen in den allgemeinen Linien überein. Insbesondere Cassius Dio in seinem Bericht. Vergleichen wir die beiden und versuchen wir, Wahrheit von Fiktion zu unterscheiden.
Kleopatra flieht
Schon die Szene, die Plutarch zwischen Mark Anton und Kleopatra beschreibt, ist erschütternd und spiegelt die Panik und pure Verzweiflung des Augenblicks wider. Kleopatra hat ihre Flotte zum Rückzug veranlasst, während Antonius zum Kampf angesetzt hatte.
Nach Plutarch geschieht daraufhin folgendes:
Antonius “zog sich, nachdem er mit seiner Infanterie besiegt worden war, in die Stadt zurück und schrie, dass er von Kleopatra an diejenigen verraten worden sei, mit denen er um ihretwillen Krieg geführt habe. Sie aber, die seinen Zorn und seinen Wahnsinn fürchtete, flüchtete sich in ihre Gruft und ließ die mit Riegeln und Stäben befestigten Falltüren niedergehen. Dann schickte sie Boten aus, um Antonius mitzuteilen, dass sie tot sei.”
Man muss sich die Szene bildlich vorstellen: Die Pharaonin des Landes, die sich in ihr – nach antiker Tradition vorbereitetes – Grab flüchtet und sich vor allen schützt, einschliesslich vor ihrem Partner.
Plutarch zufolge glaubte Antonius der gefälschten Nachricht von Kleopatras Ableben und stieß sich ein Schwert in den Bauch, ohne jedoch bei seinem Selbstmordversuch sofort Erfolg zu haben. Als das Blut stockte, kam er wieder zu sich und flehte die Umstehenden an, ihm den letzten Stoß zu versetzen. Doch sie flohen aus der Kammer, und er blieb in Schmerzen liegen, bis Diomedes, ein Sekretär, von Kleopatra kam und den Befehl gab, ihn zu ihr in die Gruft zu bringen.
Laut Cassius Dio spielte die Szene sich anders ab: Man sieht man Kleopatra aus ihrem Grab herausschauen und schickt niemanden, um Antonius zu holen. Antonius erfährt jedoch, dass sie gesehen wurde, und lässt sich von seinen Dienern zu ihr bringen. Welche Version richtig ist, lässt sich nicht mehr nachprüfen.
Was die Örtlichkeiten angeht: Wahrscheinlich hat sich Antonius seine tödliche Bauchwunde im Timonion, einem kleinen Palast, den er selbst im Hafen von Alexandria errichten ließ, zugezogen. Der von ihm gewählte Name des Ortes ist recht bezeichnend. Timon war ein Grieche, der von allen Freunden verlassen wurde, als er arm wurde.
Wie weit der sterbende Antonius getragen wird, ist ebenso unklar, da das Grab der Kleopatra bis heute gesucht wird. Wahrscheinlich lag es aber mitten in Alexandria und nur einige hundert Meter vom Timonion entfernt. Siehe hier mehr zu dieser Frage.
Plutarch schreibt: “Nachdem er also erfahren hatte, dass Kleopatra lebte, befahl Antonius eifrig seinen Dienern, ihn aufzurichten, und er wurde in ihren Armen zu den Türen ihres Grabes getragen. Kleopatra aber öffnete die Türen nicht, sondern zeigte sich an einem Fenster, von dem sie Seile und Schnüre herunterließ.”

Dio sagt, dass diese Reaktion “darauf zurückzuführen war, da die Türen des Grabes, wenn sie einmal geschlossen waren, nicht wieder geöffnet werden konnten, aber der obere Teil des Grabes neben dem Dach war noch nicht ganz fertig und dort hingen Seile.”
Antonius wurde an den Seilen befestigt, und Kleopatra zog ihn selbst hinauf, mit Hilfe der beiden Frauen, die sie als einzige mit in das Grab genommen hatte (Dio erwähnt, dass auch ein Eunuch dabei war). Plutarch schreibt so dann: “Niemals, so berichten diejenigen, die dabei waren, gab es einen erbärmlicheren Anblick. Blutverschmiert und mit dem Tod ringend wurde er hochgezogen und streckte seine Hände nach ihr aus, während er in der Luft baumelte. Denn die Aufgabe war für Frauen nicht leicht, und kaum konnte Kleopatra mit klammernden Händen und angespanntem Gesicht das Seil hochziehen, während die Untenstehenden ihr Ermutigung zuriefen und ihre Qualen teilten. Und als sie ihn so hineingeholt und niedergelegt hatte, legte sie ihre Kleider über ihn, schlug und riss sich mit den Händen die Brüste auf, wischte sich sein Blut ins Gesicht und nannte ihn Herr, Ehemann und Imperator, wobei sie in ihrem Mitleid mit ihm fast ihre eigenen Leiden vergaß.”
Antonius bittet noch um einen Schluck Wein, entweder weil er durstig war oder in der Hoffnung auf eine schnellere Erlösung. Dann rät er Kleopatra, sich in Sicherheit zu bringen und unter den Gefährten des Augustus auf Proculeius zu vertrauen. Daraufhin stirbt er.
Es ist anzumerken, dass weder Plutarch noch Cassius Dio viel über das Schicksal des Antonius schreiben. Beide konzentrieren sich auf die Gefühle von Kleopatra und Augustus.
Plutarch schreibt, dass Kleopatra litt und Augustus weinte (da er Antonius gut kannte). Dann wird von Augustus alles getan, um Kleopatra lebend zu ergreifen. Plutarch sagt, dies geschehe, um bei dem erhofften Triumph in Rom etwas vorzuweisen zu haben. Dio schreibt stattdessen, dass Augustus um das Geld fürchtete, da sich im Grab der Pharaonin auch der königliche Schatz befand. Er behauptet außerdem, dass Kleopatra “Feuer bereithielt, um ihren Reichtum zu verzehren, und Aspis-Vipern und andere Reptilien, um sich selbst zu vernichten, und sie ließ letztere an Menschen ausprobieren, um zu sehen, auf welche Weise sie töteten.”
Für letzteres gibt es keinen Beweis, da beide Mägde lebend aus dem Grab herauskommen und erst später mit ihr sterben. Auch für das Gefühl der Betroffenen gibt es keine zuverlässigen Quellen. Weder Plutarch noch Cassius DIo waren anwesend. Es wäre interessant gewesen, den Originalbericht des Arztes von Kleopatra, Olympus, zu lesen, auf den sich Dio stützte.
Kleopatra wird durch eine List gefangen genommen
Auf jeden Fall schickt Augustus Proculeius, um mit der Königin zu verhandeln, die in ihrem Grab wie in einer Festung sitzt.
Kleopatra ist jedoch nicht bereit, sich in seine Hände zu begeben. Laut Plutarch “berät sie sich mit Proculeius, nachdem er sich dem Grab genähert und sich draußen an einer Tür postiert hat, die sich auf gleicher Höhe mit dem Boden befindet. Die Tür war mit Riegeln und Stäben fest verschlossen, ließ aber einen Durchgang für die Stimme zu. So unterhielten sie sich, wobei Kleopatra darum bat, dass ihre Kinder ihr Königreich erhalten sollten, und Proculeius sie aufforderte, Augustus zu vertrauen.”
Tatsächlich ist in diesem Moment Kleopatras ältester Sohn von Julius Cäsar, Cäsarion, mit einem Teil des königlichen Schatzes auf dem Weg nach Indien, wird dann aber später von Augustus getötet. Der Mord an dem 15-Jährigen wird als Verbrechen empfunden. Augustus lässt auch den ältesten Sohn des Mark Anton, den 17-jährigen Antyllus, hinrichten.
Was Kleopatra in dem Moment, in dem sie mit Proculeius verhandelt, nicht weiß, ist, dass er den Ort begutachtet. Er überbringt Augustus Nachricht, und jemand anderes – laut Cassius Dio ein gewisser Epaphroditus, ein Freigelassener – wird geschickt, um ein weiteres Gespräch mit der Königin zu führen, und als er an die Tür kommt, verlängert er das Gespräch absichtlich. In der Zwischenzeit bringt Proculeius eine Leiter an und steigt so durch das Fenster ein, durch das die Frauen Antonius hereingeholt hatten. Dann steigt er zu der Tür hinunter, vor der Kleopatra steht. Eine der mit Kleopatra gefangenen Frauen ruft noch: “Arme Kleopatra, du bist lebendig gefangen”, woraufhin sich die Königin umdreht, Proculeius sieht und versucht, sich zu erstechen, da sie einen Dolch am Gürtel trug.
Aber Proculeius gelingt es, ihr die Waffe abzunehmen, und er schüttelt sogar ihre Kleider aus, um zu sehen, ob sie Gift versteckt hat. Proculeius nimmt einige sehr dramatische Worte in den Mund, in denen er Augustus lobt und erklärt, Kleopatra solle ihm vertrauen. Sie sind reine Schmeichelei und spiegeln eher wider, wie Plutarch gesehen werden will, als was geschehen ist. Tatsache ist jedoch, dass Kleopatra tatsächlich gefangen genommen wurde.
Es wird auch von allen Historikern bestätigt, dass Augustus Kleopatra erlaubte, Mark Anton auf prächtige und königliche Weise in ihrem Grab zu bestatten. Laut Cassius Dio balsamiert sie ihn ein, laut Plutarch wird er eingeäschert und seine Asche in eine Urne gelegt. Welches von beiden, ist nicht nachweisbar, da das Grab nicht gefunden wurde.
Plutarch fügt hinzu, dass Kleopatra Kummer und Schmerzen hat und dass ihre Brüste durch die Schläge, die sie ihnen gab, verwundet und entzündet waren. Sie wird krank, enthält sich der Nahrung und berät sich mit ihrem Arzt Olympus über die Art und Weise, wie sie sterben soll.
Kleopatra versucht, Augustus zu verführen
Augustus hatte jedoch kein Interesse daran, sie tot zu sehen. Er will sie als wertvolles Schaustück für seinen Triumph in Rom haben. Er bedroht sie daher mit dem Schicksal ihrer Kinder, so dass sie einlenkt und Pflege und Nahrung annimmt.
Nach einigen Tagen ^kommt Augustus, offenbar auf Kleopatras Wunsch hin, um mit ihr zu sprechen und sie zu trösten. Plutarch beschreibt die folgende Szene:
“Sie lag auf einem verruchten Bett aus Paletten und war nur mit ihrer Tunika bekleidet, doch als er kam, erhob sie sich und warf sich ihm zu Füßen. Ihr Haar und ihr Gesicht waren in schrecklicher Unordnung, ihre Stimme zitterte, und ihre Augen waren eingefallen. Auch auf ihrer Brust waren viele Spuren von grausamen Schlägen zu sehen. Mit einem Wort, ihrem Körper schien es nicht besser zu gehen als ihrem Geist. Doch der Charme, für den sie berühmt war, und die Kühnheit ihrer Schönheit waren nicht ganz erloschen, sondern leuchteten trotz ihres traurigen Zustands von innen heraus und zeigten sich im Spiel ihrer Züge.”
Der anschließende Austausch zwischen ihr und Augustus ist recht aufschlussreich, was ihre Situation und ihren Charakter betrifft. Oder zumindest von dem, was Plutarch für ihren Charakter hielt. Wenn man Plutarch Glauben schenken darf, vermittelt er auch ein recht menschliches Bild von ihr und zeigt, dass Augustus und Kleopatra sich nahe gestanden haben müssen und sich gut kannten.

Plutarch schreibt, dass Augustus Kleopatra aufforderte, sich ins Bett zu legen, und sich neben sie setzte. “Sie begann, ihr Verhalten zu rechtfertigen, indem sie es der Not und der Angst vor Antonius zuschrieb. Aber Augustus widersprach ihr und wies ihre Argumente zurück, so dass sie schnell ihren Ton änderte und versuchte, sein Mitleid durch Gebete zu erregen, als eine, die sich vor allem an das Leben klammerte. Schließlich gab sie ihm eine Liste all ihrer Schätze, und als Seleukos, einer ihrer Verwalter, zeigte, dass sie einige davon stahl und versteckte, sprang sie auf, packte ihn bei den Haaren und schlug ihm ins Gesicht.
Als Caesar sie lächelnd aufhielt, sagte sie: “Ist es nicht ungeheuerlich, o Caesar, dass in dem Augenblick, da du dich herabgelassen hast, mich zu besuchen und mit mir zu sprechen, während ich mich in dieser elenden Lage befinde, meine Sklaven mir vorwerfen, dass ich einige weibliche Schmuckstücke aufbewahrt habe, nicht für mich selbst, so unglücklich ich auch bin, sondern um Octavia und deiner Livia unbedeutende Geschenke zu machen, und dass ich dich durch ihre Fürsprache barmherziger und sanfter finden möge?”
Augustus war mit der Begegnung zufrieden und hatte den Eindruck, dass Kleopatra keine Selbstmordgedanken hegte.
Die Geschichte, die Cassius Dio erzählt, klingt jedoch anders:
“Kleopatra bereitete daraufhin eine prächtige Wohnung und eine kostbare Couch vor und kleidete sich zudem mit gespielter Nachlässigkeit – ja, ihr Trauergewand stand ihr wunderbar – und setzte sich auf die Couch. Neben ihr stellte sie viele Bilder seines Vaters [Julius Caesar] auf, aller Art, und in ihren Schoß legte sie alle Briefe, die sein Vater ihr geschickt hatte. Als daraufhin Caesar [Augustus] eintrat, sprang sie anmutig auf und rief: “Sei gegrüßt, Herr – denn der Himmel hat dir die Herrschaft verliehen und sie mir genommen. Aber du kannst doch mit eigenen Augen sehen, wie dein Vater aussah, als er mich bei vielen Gelegenheiten besuchte, und du hast gehört, wie man erzählt hat, wie er mich auf verschiedene Weise geehrt und zur Königin der Ägypter gemacht hat. Damit du aber von ihm selbst etwas über mich erfährst, nimm die Briefe, die er mir mit seiner eigenen Hand geschrieben hat, und lies sie.”
Julius Caesar war nicht der Vater, sondern nur der Adoptivvater des Augustus und Augustus wurde erst posthum als solcher deklariert. Es ist auch unklar, warum die Liebesbriefe Caesars Augustus verführen sollten. Und schließlich ist es wahrscheinlich, dass Olympus in der Szene nicht anwesend war und sogar den später geborenen Cassius Dio lügen ließ.
Doch Dio fügt noch mehr Romantik hinzu: “Süß waren die Blicke, die sie ihm zuwarf, und die Worte, die sie ihm zuflüsterte. Cäsar war nicht unempfindlich gegen die Glut ihrer Rede und den Appell an seine Leidenschaften, aber er tat so, als wäre er es, und ließ seine Augen auf dem Boden ruhen und sagte nur: “Sei guten Mutes, Frau, und bewahre ein tapferes Herz; denn dir wird kein Leid geschehen.” Sie war sehr betrübt, weil er sie weder ansah noch etwas über das Reich sagte, noch ein Wort der Liebe sprach, und sie fiel vor ihm auf die Knie und bat ihn, sie mit Antonius sterben zu lassen.”
Der Text zeigt, dass schon in der Antike die Hauptattraktion der Kleopatra-Geschichte in ihrer Verführungskraft und ihrem tragischen Schicksal lag.
Kleopatra entscheidet sich für den Tod
Als Kleopatra von einem jungen Mann von Rang namens Cornelius Dolabella, der in sie verliebt war, erfährt, dass Augustus sich anschickte, mit seinen Truppen nach Syrien zu marschieren, und beschlossen hatte, sie und ihre Kinder innerhalb von drei Tagen wegzuschicken, beschließt sie zu sterben.
Plutarch zufolge bittet sie Augustus, ihr zu erlauben, Trankopfer für Antonius zu bringen. Als er dies erlaubte, ließ sie sich zum Grab tragen und küsste die Urne, die seine Asche enthielt, zusammen mit den Frauen, die sie gewöhnlich umgaben, und sagte (und diese Worte sind offensichtlich wieder vollständig von Plutarch erfunden): “Lieber Antonius, ich habe dich erst vor kurzem begraben, als meine Hände noch frei waren, aber jetzt gieße ich Trankopfer für dich als Gefangene und Beaufsichtigte […] Erwarte keine weiteren Ehrungen oder Trankopfer. Dies sind die letzten von Kleopatra, der Gefangenen.”
Dann umarmte und küsste sie die Urne und befahl, ein Bad für sie zu bereiten. Nach dem Bad setzte sie sich an den Tisch und bereitete ein üppiges Mahl zu. Ein junger Mann wurde von Wachen an der Tür aufgehalten. Sie fragten ihn, was er mitgebracht habe, und er öffnete den Korb, entfernte die Blätter und zeigte ihnen, dass die Schale, die er enthielt, voller Feigen war. Die Wächter waren erstaunt über die Größe und Schönheit der Feigen. Der Mann lächelte und bat sie, einige zu nehmen, so dass sie nicht misstrauisch wurden und ihn hereinbaten.
Nach dem Essen nahm Kleopatra eine bereits geschriebene und versiegelte Tafel, schickte sie an Cäsar, entließ alle anderen Gäste mit Ausnahme ihrer beiden treuen Mägde und schloss die Türen.
Augustus öffnete die Tafel, und als er die Klagen und Bitten einer Person las, die ihn anflehte, sie mit Antonius zu begraben, begriff er, was geschehen war. Zuerst dachte er daran, selbst zu helfen, dann befahl er Boten, zum Ort des Geschehens zu gehen und nachzuforschen. Doch das Unglück war bereits geschehen. Denn obwohl seine Boten vor Ort geeilt waren und die Wachen noch nichts gesehen hatten, fanden sie Kleopatra, als sie die Tür öffneten, tot auf einer goldenen Couch vor, gekleidet in königlicher Tracht. Von ihren beiden Mädchen lag diejenige, die Iras hieß, sterbend zu ihren Füßen, während Charmion, bereits taumelnd und mit schwerem Kopf, versuchte, das Diadem zu ordnen, das die Stirn der Königin krönte.
Jemand sagte wütend: “Das ist eine gute Tat, Charmion!”
“Es ist in der Tat eine gute Tat”, sagte sie, “wie es sich für die Nachfahrin so vieler Könige gehört.” Sie sagte nichts weiter und brach neben dem Tisch zusammen.
Man sagt, dass mit den Feigen und unter den Blättern auch eine Apis-Viper hereingebracht worden war, die darunter versteckt war, denn Kleopatra hatte angeordnet, dass sich das Reptil unbemerkt an ihren Körper heften sollte. Als sie aber einige Feigen entfernte und das Reptil sah, sagte sie: “Da ist es, seht ihr”, und hielt ihm ihren Arm hin, damit es zubeißen konnte.
Andere sagen, dass die Viper sorgfältig in einem Wasserkrug eingeschlossen war, und dass sie, während Kleopatra sie mit einer goldenen Spinndel reizte, hochsprang und sich an ihren Arm heftete. Aber niemand weiß, was daran wahr ist, denn es heißt auch, dass sie das Gift in einem hohlen Kamm bei sich trug und diesen Kamm in ihrem Haar verbarg, und dennoch erschien kein Fleck oder sonstiges Anzeichen von Gift an ihrem Körper. Außerdem wurde das Reptil nicht einmal in dem Zimmer gesehen, obwohl Spuren davon in der Nähe des Meeres gesehen worden sein sollen, wo das Zimmer sie durch seine Fenster überblickte. Manche behaupten auch, Kleopatra habe zwei leichte und undeutliche Einstiche am Arm gehabt, was Cäsar ebenfalls geglaubt zu haben scheint. In der Tat wurde bei ihrem Triumphzug ein Bild Kleopatras selbst mit dem daran hängenden Rapfen mitgeführt. Dies sind also die Berichte über die Ereignisse.”
Cassius Dio fügt dem Bericht einige Details hinzu und schreibt:
“Als Caesar von Kleopatras Tod erfuhr, war er außer sich vor Trauer. Er besuchte ihren Leichnam, schickte nach Heilmitteln und Psylliden, um zu versuchen, sie zu retten. Psylliden sind Männer (es wird keine weibliche Psyllide geboren). Sie können in dem Moment, in dem ein Mensch tot ist, das gesamte Gift eines Reptils aufsaugen, ohne selbst in Gefahr zu geraten, da keines dieser Tiere sie beißt.”
Die Hilfe kam zu spät. Und in Wahrheit ist es unwahrscheinlich, dass Kleopatra an einem Schlangenbiss starb. Die Ägyptische Kobra hat in Ägypten eine besondere traditionelle Bedeutung und wäre somit eine sehr passende Mordwaffe für eine Phraonin. Doch es fehlen die Symptome.
Bisse von Vipern und Kobras verursachen Gewebeschäden. Oft wird es innerhalb von fünf Minuten weich und schwillt. Die Stelle kann auch bluten und Blasen werfen, was schließlich zu einer Nekrose führt. Weitere häufige Symptome sind Blutungen, Übelkeit, Erbrechen und Atemstillstand. – Und es ist unwahrscheinlich, dass an Kleopatras Körper nichts von all dem zu sehen war.
In einigen Quellen wird behauptet, Kleopatra habe einige ihrer Mägde als Versuchskaninchen benutzt, um verschiedene Gifte zu testen, darunter Tollkirsche, Bilsenkraut und den Samen des Strychninbaums. Tatsächlich kannten sich sowohl die alten Ägypter als auch die Römer gut mit tödlichen Giften aus, und es ist viel wahrscheinlicher, dass Kleopatra Strychnin verwendete.
Plutarch und Cassius DIo sind sich einig, was dann folgte: Augustus, dem es nicht gelang, Kleopatra wieder zum Leben zu erwecken, wurde von Bewunderung und Mitleid für sie und von Trauer über sich selbst ergriffen, als ob er dadurch des schönsten Teils seines Sieges beraubt worden wäre…
