Erstaunliche Entdeckungen: Ein Farbfoto aus der Antike?

Edle Einfalt und stille Größe proklamierte J. J. Winkelmann im Jahr 1755 als Schönheitsevangelium der griechischen Kunst.

Heute ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Bildhauerei im antiken Griechenland und auch im alten Rom nicht ganz so „still“ war, wie zuerst vermutet. Skulpturen wurden gemeinhin in kräftigen Farben bemalt, auch wenn diese sich oft nicht lange hielt.

Die Bemalung beschränkte sich dabei zumeist auf Kleidung und Haare, während die Haut in der natürlichen Farbe des Steins belassen wurde. Sie konnte aber auch einige der Skulpturen in ihrer Gesamtheit bedecken. Die Bemalung der Skulpturen war dabei nicht nur bloße Ergänzung. So wurde beispielsweise nachgewiesen, dass Skulpturen im Tempel von Aphaia auf Ägina mit ‘sehr kunstvollen Formen bemalt waren, die unter anderem gemusterte Kleidung darstellten.

Die Polychromie von Steinstatuen wurde neben den Farben auch durch die Verwendung von verschiedenen Materialien zur Unterscheidung von Augen, Haut oder Kleidung erreicht. Bronzen wurden durch die Verwendung von verschiedenen Metallen zur Darstellung von Lippen oder Brustwarzen verschönert.

Ein frühes Beispiel für polychrome Verzierungen findet sich im Parthenon auf der Akropolis von Athen. Auch die Terrakottas der Dresdner Antikensammlung und uralte Graburnen finden sich in bunter Version.

Als Tanagra-Figuren werden antike aus Terrakotta geformte und gebrannte Frauenfiguren in sitzender oder stehender Haltung von 15 bis 35 cm Höhe aus der böotischen Stadt Tanagra in Zentralgriechenland bezeichnet. Die Koroplastiken dienten als Grabbeigaben und Glücksbringer. Nach dem Abkühlen erhielten die Figuren einen weißen Grundierüberzug, der nach dem Trocknen ihre kunstvolle Bemalung ermöglichte.

Trotzdem bleibt uns die klassische Schönheit der Antike einfarbig im Gedächtnis. Als im 18. Jahrhundert die europäische Altertumskunde aufkam, war die Farbe auf den antiken Bauwerken verwittert. Der erste – und bid heute bleibende – Eindruck war daher, dass die klassische Schönheit nur durch Form und Komposition zum Ausdruck kam, ohne Farben. Dieser Eindruck prägte die gesamte neoklassische Architektur. Erst viel später entdeckten Klassizisten wie Jacques Ignace Hittorff die Spuren der Farbe an den echten klassischen Gebäuden und Skulpturen.

Die Polychromie ist heute oft durch die Untersuchung winziger Farbspuren mit mikroskopischen und anderen Mitteln möglich. Ob das unsere Meinung und Persepektive ändern wird, ist anzuzweifeln. Für den modernen Menschen bleibt die Venus von Milo wohl auf immer einfarbig.

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von Anders Noren.

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