Die Antwort lautet: im Jahr 1711.
In jenem Jahr stießen Arbeiter, die in der kleinen Stadt Resina bei Neapel den Brunnen eines Privatbesitzers aushoben, auf Marmor. Der Besitzer des Brunnens bot ihn dem französischen Prinzen Emmanuel Maurice von Elbeuf an, der in der Nähe von Portici eine Villa baute. Elbeuf erkannte das Interesse der Funde, kaufte das Gelände und grub weiter. Und schon bald entdeckte man im tiefen Tuffstein am Grund des Brunnens weitgehend intakte Marmorstatuen, darunter drei drapierte Frauen. Diese drei Skulpturen, die die Entdeckung des antiken Herculaneum einläuteten, sind heute als die Große und die Kleine Frau von Herculaneum bekannt.
Und sie sind der Beginn der Archäologie…





Zuerst wurde die Ausgrabung dieser Statuen vor den herrschenden österreichischen Behörden, in deren Diensten Elbeuf stand, geheim gehalten. Elbeuf ordnete an, dass sie in Tücher eingewickelt beiseitegeschafft werden sollten. Dennoch wurde die Entdeckung bald bekannt. Französische Adlige, die aus den gleichen Kreisen kamen wie Elbeuf, wie der Kunstsammler Graf Caylus, eilten nach Neapel.
Doch der Fund im verschütteten Theater von Herculaneum löste schließlich umfangreiche Ausgrabungen in der tief unter dem Vesuv begrabenen Stadt aus …
Die ersten Ausgrabungen
Der erste, der echte Ausgrabungen initiierte, war der bourbonische Herrscher von Neapel, der die Österreicher abgelöst hatte und später König von Spanien wurde: Karl III. Er beauftragte seinen militärischen Untergebenen Rocque Joaquin de Alcubierre mit der Erforschung. Später wurde dieser durch den Schweizer Karl Weber ersetzt. Aus diesem Grund sind die ersten Karten von Herculaneum in Spanisch verfasst.
Herculaneum wurde dank einer Inschrift, die in den Ruinen des Theaters gefunden wurde, identifiziert.
An sich war bekannt, dass sich Herculaneum an der Küste befand.
Die antike Stadt war durch den Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. unter einer Schicht von sechs Wellen vulkanischen Schutts und Schlamms begraben worden. Gelehrte der Renaissance zeichneten sie jedoch bereits in den frühen 1500er Jahren unterhalb des Gipfels des Vesuvs in einer Karte ein. Diese Karte basiert sicherlich auf antiken Karten oder gefundenen Artefakten. Auf dem Marktplatz von Resina waren schon vor dem Fund der drei Frauen von Herculaneum Skulpturen römischer Rüstungen ausgestellt gewesen.

Karte Kampaniens, Girolamo Mocetto, 1514
Aber die erste Erkundung von Herculaneum wurde dann erst durch die Suche nach antiken Schätzen zur Ausschmückung der königlichen Sammlungen des bourbonischen Monarchen Karl III. motiviert.
Die frühesten Tunnel durchquerten das Orchester des Theaters ohne Richtung und Plan. Erst spätere Tunnel wurden dann geordnet entlang des Sitzbereichs gegraben. Dies war nicht nur dem Wunsch nach einer besseren Kenntnis der Stadt geschuldet, sondern auch dem Interesse an Stabilität, da einige der Tunnel einstürzten und die dort arbeitenden Ausgräber ums Leben kamen. Außerdem verirrten sich die Schatzsucher in ihren eigenen Tunneln und gruben mehrmals an der gleichen Stelle.
Plan des Theaters von Herculaneum, Rocque Joaquin de Alcubierre, 1739

Erst in der Folgezeit fertigte Karl Weber Karten an, die zum ersten Mal Fundorte und Grundrisse nachvollziehbar machten. Er hütete und versteckte diese Karten, wohlwissend, dass man ihn anfeindete. Ihm wurde nicht einmal ein Platz in der königlichen Kommission zugestanden, die die Schatzsuche überwachte. Heute verdankt man Weber viel.
Erst als sich die Nachricht von Herkulaneum an den europäischen Fürstenhöfen verbreitete und auch ausländische Gelehrte versuchten, Berichte über die eifersüchtig gehüteten Funde in der Region zu veröffentlichen, bekam Weber schließlich Unterstützung.
An sich wurden sie am Zugang gehindert, da man Raub und Diebstahl befürchtete. Dennoch kamen einige Ausländer zu den Ausgrabungen. Sie waren bald schockiert über die Zustände. Man zerstörte Fresken, schmolz Artefakte ein und arbeitete in einer für die Gesundheit fast unerträglichen Tunnelsituation.
1764 veröffentlichte der deutsche Kunsthistoriker Johann Joachim Winckelmann einen offenen Brief, in dem er die schäbigen und heimlichen Ausgrabungen anprangerte. Da die Königin von Neapel eine sächsische Prinzessin und Tochter Augusts des Starken war, in dessen Umfeld Winckelmann gearbeitet hatte und in dessen Auftrag er kam, hatte dieser an August gerichtete Brief Gewicht.
Es wurden Verbesserungen vorgenommen, und Herculaneum wurde schließlich zum ersten Modell für die Ausgrabung komplexer städtischer Stätten und gab den Anstoß für die Entwicklung der modernen Archäologie.
Die Frauen von Herculaneum wurden damit offiziell die ersten Funde der Archäologie.
Die Frauen von Herculaneum
Als die drei Frauenstatuen entdeckt wurden, wurden sie durch einen Brunnenschacht gehoben, der zu den Überresten des römischen Theaters führte, das 30 Meter unter dem Straßenniveau des heutigen Ercolano (damals Resina) begraben lag. Sie schmückten wahrscheinlich einst die beeindruckende zweistöckige Fassade des Theaters, zusammen mit anderen Skulpturen mythologischer und historischer Figuren.
Das Theater von Herculaneum war das erste römische Theater, das weitgehend intakt gefunden wurde. Seine prächtigen Arkaden und polychromen Wandmalereien beeinflussten fortan Generationen von Architekten, Künstlern und Bühnenbildnern.
Prinz Elbeuf, dessen Arbeiter die Frauen von Herculaneum entdeckt hatten, schickte die Skulpturen als Geschenk an Prinz Eugen von Savoyen in Wien, seinen Gönner und einem Franzosen, wie er. Die frühesten Abbildungen der Frauen von Herculaneum zeigen sie daher inmitten der exotischen Tiere, die Eugen in seinen Gärten am Belvedere hielt.
Nach Eugens Tod im Jahr 1736 gelangten sie jedoch in den Besitz von August III., Kurfürst von Sachsen und König von Polen und Bruder der neapolitanischen Königin. Die Statuen kamen in die Königliche Antikensammlung in Dresden, die sich an Winckelmann orientierte. Seit Ende des 19. Jahrhunderts befinden sich die Frauen von Herculaneum daher im Albertinum und bilden das Kernstück der Dresdner Antikensammlung, wo sie seitdem zu sehen sind.
Kommentar verfassen